Laudatio Kunst auf Rädern, Ingrid Wieser und Daniel Bucur, 03.09.2021 Liebe Freundinnen und Freunde der Kunstkantine, willkommen zur 68. Ausstellung in Nissis Kunstkantine seit ihrer Eröffnung im Jahr 2013. Vielen Dank lieber Gottfried für deine einleitende Worte. Stellen wir uns mal vor: Sie sind ein Gemälde und hängen an der Wand. Die ersten 20 Jahre haben sie damit verbracht, Ausdruck künstlerischer Schaffenskraft zu sein. Sie sind sorgsam hingepinselt worden, technisch einwandfrei, der Künstler hat sich auch irgendwas dabei gedacht, dass Sie entstanden sind. Sie wurden von allerlei Publikum betrachtet, gelegentlich von Reinigungskräften abgestaubt, auch mal umgehängt, damit Sie mal was Neues sehen. Aber mit zunehmenden Alter – wir kennen das von uns selbst – werden Ihnen auch Risiken bewusst. Wenn Sie im Museum hängen, haben Sie natürlich Angst vor dem Archiv. Irgendeine verkniffene Kuratorin, bzw. ein Kurator in der Midlife-Crisis könnte Sie abhängen und in den Keller verbannen. Wer weiß, ob Sie je wieder aufgehängt werden. Es kommt ja neue Kunst nach. Vielleicht bleiben Sie auf ewig ein Kellerkind. Hängen Sie in einer privaten Sammlung und die Enkel werden langsam groß, gibt es ebenfalls zahlreiche Risiken. Der vierjährige Oskar hat zum Geburtstag eine Garnitur Fingerfarben bekommen und wenn er weiter wächst, reicht er bald an Sie heran, um mit einer gewagten Koloration Ihnen einen neuen Glanz zu verschaffen. Mit 6 erkennt Oskar dann, dass Sie ggf. auch als Dartscheibe genutzt werden können. Einmal unterstellt, Sie sind all diesen Risiken der Adoleszenz entkommen. Dann stellt sich für sie irgendwann die Sinnfrage. Sie haben jetzt lange genug an der Wand geklebt als Ausdruck künstlerischen Schaffens. Ein leichtes Krakelee hat sich auch schon eingestellt. An einem Novembermorgen mit Hamburger Wetter hat sich Oskar sein ayurvedisches Frühstück zusammengestampft, die Coronazahlen sind im Fernsehen auch schon durch. Frau Esken von der SPD und Frau Hennig-Wellsow von den Linken haben die üblichen Hasstiraden auf die Reichen von sich gegeben und der Bevölkerung graue Mao-Anzüge als recyclebare Einheitskleidung verordnet. Und in diesem Setting stellt sich bei Ihnen zum ersten Mal die Frage: „Was hat die Welt davon, dass es mich gibt?“ Wenn Sie von Ingrid Wieser gemalt worden sind, dann sind Sie Ausdruck gelebter Liebe und berühren Menschen in Ihrer Seele und sollen Freude bereiten. Ihre Aufgabe ist also gehobenes emotionales Entertainment. Damit ist Ihre Sinnfrage geklärt. Sie sind nicht dazu berufen, eine Mission zu transportieren. Ihr Leben als Gemälde ist dem Betrachter gewidmet. Sie hängen im Haushalt von Oskar. Der ist jetzt auf dem Ayurveda-Trip. Der ayurvedische Oskar hat den sogenannten Dosha-Test gemacht. Er hat stets guten Appetit, schwitzt leicht, genießt das Leben in vollen Zügen und ist der dynamische Machertyp. Er fällt dann in die Kategorie „Pitta“. Er ist der sanguinische Vollblüter, immer vorne mit dabei und oft rastlos. Was können Sie nun als Gemälde für Oskar tun? Oskar steht unter Dampf. Sein Feuer muss farblich ausgeglichen werden. Intensive, ausgeprägte Farben, besonders Rot und Gelb, bringen unseren Oskar zum Ausflippen. Ausflippen kann nicht das Ziel sein, sondern Ausgeglichenheit. In der ayurvedischen Farbenlehre greifen wir also zu Blau und Hellblau, bzw. zu Grün und Hellgrün. Wenn Sie sich, sehr verehrte Damen und Herren, dagegen eher als phlegmatisch, gelassen, ruhig und eher ausgeglichen einschätzen und eher geduldige Hobbies pflegen, wie Basteln, Golfen und Wandern, dann greifen Sie beherzt zu kräftigen Farben. Rot symbolisiert Energie und Leidenschaft. Wenn Sie glauben, die ayurvedische Farbenlehre wäre Kokolores, da liegen Sie falsch. Es ist erwiesen, dass das Temperaturempfinden von der Farbgebung der Umgebung beeinflusst wird. In einem blaugrünen Raum empfindet man Innentemperaturen ab 15°C als kühl, während rot-orange Räume sich erst bei 12°C kalt anfühlen. Ob wir ins Blaue fahren, gelb vor Neid werden, rot sehen oder einfach den grauen Alltag hinter uns lassen, die Verbindung von Farben und Gefühlen ist auch in unserer Sprache tief verankert. Wie Sie wissen, ist eine Vernissage nicht zuletzt eine Verkaufsveranstaltung. Der Werkzyklus „Kristallklang“ von Ingrid Wieser bietet die richtigen Farben, um Temperamente jeder Couleur auszugleichen. Da haben Sie die ganze Farbskala für Ihr Dosha. In diesem Kontext darf ich auch daran erinnern, dass in 4 Monaten schon wieder Weihnachten ist. Überlegen Sie sich also, ob Sie sich selbst oder Andere beschenken wollen. Folgen Sie hier und heute einem plötzlich auftretenden Kaufimpuls. Hier noch einmal meine oft wiederholte Belehrung an die Herren: Nein, Sie müssen nicht erst Ihre Frau fragen, bevor Sie sich ein Kunstwerk kaufen! Das können Sie ganz allein entscheiden! Damals in der Steinzeit mussten Sie ja auch eine schnelle Entscheidung treffen im Hinblick auf die Frage, welches Tier Sie mit Ihrer Keule ermorden wollen. Und meine Bitte an die Damen: Belobigen Sie ihn für Alles, was er in die Höhle geschleppt hat! Verboten sind Kommentare wie: „Was soll das denn sein?“ oder „Hat das unser Enkel gemalt?“. Oder noch schlimmer: „Ich hab gehört, dass man binnen 2 Wochen umtauschen kann!“. Mir wird ewig der Dialog, bzw. der Monolog oder eigentlich die Szene vor einem hyperrealistischen Gemälde in Erinnerung bleiben: Er ist fasziniert von einem Werk namens „Strandelfe Juliane“: Sie merkt, dass er länger als die üblichen 11 Sekunden vor dem Gemälde steht und das nicht deswegen, weil er mit dem blauen Himmel und dem blauen Wasser sein Dosha runterkühlen will. Also bekommt er ein Stoß mit dem Ellenbogen in die Rippen und den Kommentar: „Soweit kommt das noch!“ In dieser Ausstellung wird es keine Probleme mit figurativer Kunst geben. Beide Künstler, sowohl Ingrid Wieser als auch Daniel Bucur, verorten sich in der Abstraktion, wobei Daniel ein zartes „ich glaube abstrakt“ gehaucht hat und vorsichtshalber „expressionistisch“ zufügte. Wir sind uns aber hoffentlich Alle einig darüber, dass es nicht darauf ankommt, was der Künstler sagen will, sondern was der Rezipient für einen Nutzen aus dem Kunstwerk zieht. Das Seherlebnis, die Interpretation, die Assoziation, die der Betrachter hat, darauf kommt es an. Was Daniels Skulpturen angeht, wissen Sie ja nun, wem Sie blaue oder rote Skulpturen schenken dürfen. Rot passt für den kühlen Blonden, blau für die glutäugige Schwarzhaarige. Skulpturen eignen sich generell für den haptischen Typ. Der optische Typ ist mit Flachware zufrieden und sieht Skulpturen als Hindernis für den Saugroboter an. Sie können umkippen und stehen im Weg. Das Qi kann nicht fließen, weil es ständig gegen das Ding stößt. Der Haptiker greift dagegen zur Skulptur, die man anfassen kann und dann auch noch aus Holz. Und dann auch noch mit einer Struktur, von spiegelglatt und rund über mit Bohrrungen perforiert, bis zu anschmiegsamen Herzen mit Relief. Großartig, denkt der Haptiker. Oberflächen, über die man rüberstreicheln kann, etwas Handfestes, Robustes. Der Haptiker will einen Wächter, so wie ihn Daniel herstellt. Wer von unseren Künstlern in die optische, romantische Kategorie fällt und wer eher der klassischen haptischen Ästhetik verhaftet ist, ergibt sich schon aus der Antwort auf die Frage, „Wie sah dein erstes Kunstwerk aus?“ Tja, liebe Freunde und Freundinnen, was war wohl das erste Kunstwerk von Ingrid? Hat Ingrid in der Töpfergruppe der Grundschule einen Daumentopf hergestellt? Hat sie mit Knete oder Pappmaché gearbeitet? Fett und Filz als Arte Povera? Nein, natürlich nicht. Als erstes künstlerisches Werk hat Ingrid natürlich ein Aktgemälde erschaffen. Was kann typischer für den optischen, romantischen Charakter sein? Ihre Werke entstehen durch Hingabe, haben poetische Titel. Sie schreibt mir: „Meine Arbeit ist gelebte Liebe und ich möchte Menschen damit berühren“. Daniel schuf als erstes Werk etwas Handfestes, nämlich einen Hirtenstock. Wenn das kein Werk der haptischen Ästhetik ist, was denn sonst? Ein Hirtenstock hat allerdings auch eine poetische Komponente. Wer hier im Raum mit klassischer Bildung versehen ist, denkt sofort an die Hirtenromantik mit dem mythischen Arkadien als Sehnsuchtsort. So sehr sich Daniel auch in das Material Holz verliebt hat, er ist eher an dem von ihm geschaffenen Endprodukt interessiert, während Ingrid den Flow bei der Werkschaffung selbst genießt. Beide sind dagegen auf ihre Weise spirituell. Daniel schreibt mir: „Für mich mit Holz zu arbeiten, um Skulpturen zu schaffen, ist ein Geschenk von Gott“. Ingrid meint dagegen sogar, spirituelle Bilder zu schaffen, Bilder, die für sich selbst sprechen. Ihr seht also, bei aller Polarisierung zwischen Haptik und Optik gibt es auch wieder Aspekte, die die Werke und die Persönlichkeit unserer Künstler verbinden. Ich merke schon, dass sich wieder meine Harmoniebedürftigkeit durchsetzt. Ich mag es harmonisch. Aber bevor hier Harmonie eintritt, muss ich doch fragen, wie man es wagen kann, heute noch ein Auto-Event zu veranstalten. Die geradezu unabsehbare Klimaschädlichkeit des motorisierten Individualverkehrs wird durch einen Event wie „Kunst auf Rädern“ auch noch heroisiert. Wie unerhört! Auch wenn China 216 neue Flughäfen baut, ist doch das Fahrrad zweifellos das Verkehrsmittel der Zukunft. Wer heutzutage noch einen SUV fährt, wird enteignet und als Entschädigung gibt es ein Lastenfahrrad. Wir bewegen uns also zukünftig wieder in das Rikscha-Zeitalter, in der der Auto-Freund zwar nicht getreten wird, aber treten darf. Auf den Sitzen nehmen Frau Esken von der SPD und Frau Hennig-Wellsow von den Linken Platz. Das Bild des Steuerzahlers als Rikschafahrer mit diesen Damen als Fahrgäste kommt uns plausibel vor. Können wir uns die Damen aber auch in einer Lancia Aurelia Spider America vorstellen? Können Frau Esken und Frau Hennig-Wellsow in diesem Fahrzeug Platz nehmen? Antwort: Nein! Es würde sie nach oben hin auswerfen, bzw. ausspucken und zwar zu Recht. Die ästhetischen Gegensätze sind einfach zu drastisch, als das keine Abstoßungsreaktion zu erwarten ist. Eine Galerie wie diese kann nicht ignorieren, dass zeitnah Bundestagswahl ist. Sie glauben doch wohl nicht, dass Alles nicht so schlimm werden würde, in einer rot-rot-grünen Koalition. Natürlich sagt man es Ihnen nicht offen. Die Enteignungen in der DDR erfolgten nicht drastisch und spontan, sondern über Steuern, Schikanen und die Stasi. Die Verkehrspolitik der SPD in Hamburg erzeugt bis heute 715 unerledigte Baustellen, wobei ich in 99 % überhaupt niemand dort arbeiten sehe. Die Politik scheint geprägt von plötzlichen Eingebungen. Der Jungfernstieg wird gesperrt, gelb angemalt und mit IKEA-Kisten möbliert. Als ich neulich von meiner Akkupunktur-Session kam, sehe ich, dass in der Zwischenzeit in der Hallerstraße ein Pop-up-Radweg aufgemalt ist. Für die Autofreunde, die meinen „Ich fahre sowieso nicht viel und wenn dann nicht in die Stadt“ und sich lieber ihr Garagengold in Form von Old- oder Youngtimern als Kunstwerk zu Hause ansehen, sei ausdrücklich gesagt: Euch geht es auch an den Kragen! Horrende Steuern drohen für Achtzylinder mit 500 PS. Und wenn es nicht der Hubraum ist, so wird man sich andere Basiswerte ausdenken. Eine Lancia Aurelia Spider in der „America“-Version, wie soeben gesehen, ist im guten Zustand bis zu 1 Mio. wert. Ab 2 Mio. beginnt dann schon zukünftig die Vermögensteuer. Nicht zu vergessen die Vermögensabgabe in Höhe von bis zu 30 %. Liebe Freundinnen und Freunde der Kunstkantine, vielleicht sind es jetzt die letzten Tage, in denen wir Autofreunde noch unbeschwert sind von der Verbots- und Wegnehmpolitik, die uns bei einer rot-rot-grünen Koalition droht. Genießen wir also heute ausgiebig strahlende Lackierungen, den Geruch von feinem Leder und Polierwachs und den Zauberklang von Hochleistungsmotoren. Es ist ein Event für euch und für die Freiheit! Vielen Dank fürs Zuhören und bis bald, in diesem Theater. Bernd Roloff Aus Datenschutzgründen sind einige Bilder nicht veröffentlicht. Die Setzerin