Laudatio Martyn Dunn, Nissis Kunstkantine, 04.04.2018 Liebe Freundinnen und Freunde der Kunstkantine, liebe Gäste, willkommen im Bernsteinzimmer der HafenCity. Mein Name ist Bernd Roloff, ich bin der Keynote – Speaker der Kunstkantine und darf Euch heute auf das Herzlichste begrüßen zur 39. Vernissage von Nissis Kunstkantine seit ihrer Eröffnung im März 2013. Meine Assistentin Betty ist zum Osterurlaub in den Vatikan enteilt, um den Segen des Heiligen Vaters zu erlangen. Offenbar sind da Sünden zu vergeben. Blondes Gift, sage ich nur. Sie wird heute vertreten durch meinen Freund Thomas. Thomas ist dazu auserkoren, die Illustrationen hochzuhalten, die meinen Vortrag begleiten. Die Ausstellung gilt den Werken von Martyn Dunn und steht unter dem Motto AS ABOVE, SO BELOW. Tja, meine Damen und Herren, wir wollen mal sehen wie wir uns an AS ABOVE, SO BELOW so ranpirschen. Wie oben, so unten, was soll das denn? Tatsächlich handelt es sich bei AS ABOVE, SO BELOW um ein sog. „hermetisches Prinzip“. Ich komme später auf den mittelmäßig schwer zu verstehenden esoterischen Kontext zu sprechen. So ein Acht-Zylinder-Langhuber als Keynote-Speaker muss sich erstmal warmlaufen. Im Moment ist noch der Choke gezogen, gleich komme ich schon noch auf Touren. Beginnen wir damit, was wir hier an den Wänden sehen. Horizontal in Felder aufgeteilte Ölgemälde mit abstraktem Sujet, bei denen die dominierenden Farben aus, ich sag mal: Violett-Tönen bestehen, von lila bis fast rosa. Was sagt man nun zu dem Ganzen? Wegen der Aufteilung in Felder kommt einem v.a. der Begriff Farbfeldmalerei in den Sinn. Wir erinnern uns: Farbfeldmalerei als Ausdrucksform v.a. des amerikanischen abstrakten Expressionismus, berühmtester Vertreter wohl Mark Rothko. Allerdings übte man sich darin, die Farbfelder eher homogen auszufüllen. Das Wichtigste ist das Seherlebnis und die Farbwirkung. Ein typisches Rothko Gemälde sieht so aus. Bei Martyn Dunn spielt sich in den beiden Farbfeldern mehr Malerisches ab. Außerdem ist die Aufteilung auch in zwei Rahmen, bzw. zwei Leinwänden, mit horizontaler Teilung sehr ungewöhnlich. Der Künstler schreibt mir hierzu: „Die Idee, das Bild in zwei unterschiedlich große Flächen aufzuteilen, bekam ich ursprünglich als 18-jähriger bei einer Gemeinschafts-Ausstellung in Wales. Ein Werk stach für mich besonders hervor: Ein Collage-Bild eines schottischen Künstler namens Philip Reeves. Davon war ich völlig fasziniert.“ Philipp Reeves war Kunstprofessor an der Glasgow School of Art, ein nicht unbedingt mitteilsamer Mann, der vor etwas über einem Jahr verstorben ist. Über seine Arbeit an der Kunsthochschule befragt, äußerte er sich so : “It is a good school. But they are all socialists!” Er fuhr mit einem Hochrad zur Arbeit und favorisierte Schlips und Schnurrbart. Ein weiteres Unikum bei Martyn in dieser Ausstellung sind die Farbgebungen der Gemälde, die Lila-Töne, alles Anmischungen von Rot und Blau. Ein Sonderfall das sog. Magenta. Ich hatte schon in der letzten Laudatio darauf hingewiesen, dass ich auf Magenta besonders anspringe. Die Deutsche Telekom hat hierauf eine Farbmarke angemeldet. Neuerdings gibt es auch einen „Magenta-Shop“ von der Telekom, wo alles Mögliche in dieser Farbe angeboten wird. Hier z.B. ein T-Shirt für den Herrn. Interessant ist die Frage, ob die Telekom für einen „Magenta-Shop“ eine Marke anmelden kann. Normalerweise kann man für Herkunftsbezeichnungen keinen Schutz erlangen. In Norditalien gibt es eine Stadt die Magenta heißt. Also kann man für einen Magenta-Shop ebenso wenig einen Schutz erlangen, wie für einen Hamburger-Shop. Konzernsitz der Telekom ist außerdem Bonn und nicht Magenta in Norditalien. Gegenbeispiel : Komplementärfarbe zu Magenta ist ein gelblicher Grünton, wie bei einer Gurke. Für Spreewald-Gurken gibt es einen Schutz der Herkunftsbezeichnung, genauso wie für Lübecker Marzipan. Es bleibt also spannend, meine Damen und Herren. Früher galten ja Lilatöne eher als die Farben der Gestörten, reserviert z. B. für Bhagwan – Sannyasins, die schon morgens um 6 zur Meditation antreten und danach ohne Mindestlohn im Ashram malochen. Hier haben wir ihn nochmal, den guten OSHO mit klugem Spruch : (Indisch aussprechen) „In the Space of No-Mind, truth decends like Light“. Super meine Damen und Herren. Erst wenn wir das Gehirn abschalten erreicht uns das Licht der Wahrheit. Ich dachte immer man muss den Verstand anschalten um die Wahrheit zu erkennen. Heute sind Lila-Töne hochaktuell. Die Firma Pantone hat Lila zur Farbe des Jahres 2018 ausgerufen. Der Spiegel widmet sich der Sache mit einem Artikel, der mit „Ausgerechnet Lila“ überschrieben ist und tut ein Foto von Prince dazu. Prince, tot aber immer noch Sympathieträger, unstreitig ein Genie. Bevor er Stadienkonzerte machte, trat er vor Urzeiten in der Hamburger Sporthalle auf, da brannte einfach die Luft und ich war noch vital genug, meine Freundin auf den Schultern zu tragen, damit sie besser sehen konnte. Gibt ja auch Songs in denen Lila vorkommt. „Purple Rain“ von Prince. Oder gleich ganze Bandnamen siehe „Deep Purple“. Mein persönliches Erlebnis mit Lila war ein kommerzielles. Ich hatte vor etwa 10 Jahren mein Anwaltsbüro verkauft und mußte den Seidenhandel meiner verstorbenen Mutter übernehmen. Die Angestellten redeten nicht viel mit mir und so zog ich durch Deutschland mit unserer Seidenkollektion, mit 25 bis 30 Vorlageterminen die Woche. Da war alles dabei, von der mondänen Münchener Boutique, bis zur Sargaustattung, eine lustige Zeit. Immer wenn ich müde hinterm Lenkrad saß, dachte ich an den Spruch meiner Mutter „Umsatz heilt alle Wunden“. Schöne Umsätze machte ich mit Klöstern, die eine eigene Paramentenwerkstatt haben. Am Besten gingen immer die die Farben grün, wie bei der Spreewaldgurke und Lila, wie bei Prince, Osho und der Telekom. Hierzu müsst ihr wissen, dass diese Farben Bestandteile des sog. lithurgischen Kalenders sind. Hier der katholische Kalender : Entsprechend nennt man Grün und Lila lithurgische Farben. Lila in der Katholischen Lithurgie Sinnbild für den Übergang und die Verwandlung, wird vor allem in den der Zeit vor Ostern und vor Weihnachten getragen. Das ist vorgeschrieben. Also können sie als Kirchenfürst in diesen Zeiten nicht in grün wie eine Spreewaldgurke in die Kanzel. Das ist gegen den Dresscode. Richtig gekleidet sind Sie diesen Zeiten mit einem Messgewand in Lila. Hier ein prachtvolles Teil aus der Paramentenwerkstatt der Benediktinerinnen von der ewigen Anbetung, gefertigt aus ein Seidenchangeant : Der Einsatz der Farben durch Martyn ist allerdings weit entfernt von den Begriffen Kommerz und Aktualität. Seine Vorliebe für Lila ist eher hedonistisch. „Schon sehr früh sprach mich dieser Farbton am meisten an. Das geht weit zurück; meine Hunderter-Filzstiftpackungen, die Lila-Farbtöne wirkten magnetisch auf mich. Violett spricht sehr das Unterbewusstsein an. Allgemein verbindet man damit Spiritualität und das Mystische. Es beruhigt mich und hat eine meditative Wirkung auf meine Psyche.“ Die Farbe Violett empfindet Martyn auch als optimal dafür was er mit dem „wie Oben so Unten“ Thema ausdrücken will: Die verkürzte Version -so unser Künstler- lautet wie folgt: „In einer Zeitperiode verschlang ich unzählige Bücher über universelle Prinzipien, Quantenphysik und allgemeine Energie etc. Ich erkannte für mich, dass alles im Universum eine große und kleine Entsprechung besitzt (Mikro-und Makrokosmos). Dieses Prinzip der Entsprechungen und Analogien möchte ich symbolisch in zwei unterschiedlich großen Flächen darstellen: Wie oben-so unten, wie unten-so oben. Wie innen-so außen, wie außen-so innen. Wie im Großen, so im Kleinen. Auf jeder Ebene existiert daher eine Entsprechung, bzw. Polarität. Die Außenwelt erlebe ich somit, wie ich innerlich bin. Man nennt es auch Spiegelgesetz. Wie man sich innerlich verändert, verändert sich alles um einen herum ebenso.(wie innen, so außen, etc.) Damit eng verbunden, ist das Prinzip der Resonanz und Anziehung: Gutes zieht Gutes an, Positivität Positives usw. Daher ist es mir während des Malprozesses äußerst wichtig, mich in einen positiven Zustand zu versetzen, weil diese Energie, bzw. Frequenz weitervermittelt wird, auch wenn es „nur“ subjektiv erfasst wird. Die Farbe Violett (und andere artverwandten Farben) empfinde ich als optimal dafür“. Mit dem Motto der Ausstellung „AS ABOVE SOW BELOW“ nimmt Martyn Bezug auf das 2. Hermetische Prinzip, das sog. Das Prinzip der Analogie (Entsprechung): „Wie oben, so unten; wie innen, so außen; wie der Geist, so der Körper“. Die Verhältnisse im Universum entsprechen demnach denen im Individuum, die äußeren Verhältnisse spiegeln sich im Menschen und umgekehrt. Veränderungen im mikrokosmischen Bereich wirkten sich folglich auch auf die Gesamtheit aus. Tja meine Damen und Herren, so ist das gemeint mit dem oben und unten, das drücken die beiden unterschiedlichen Bildflächen aus. Das kann man so machen. Das Hermetische Prinzip der Entsprechung. Es ist ein Prinzip der Esotherik, rückverfolgbar bis ins 2. Jahrhundert und mal so richtig definiert, im sog. Kybalion, einem Werk, das 1908 erschienen ist. Urheberschaft unklar. Downloadfähig im Internet. So zur Zeit der Jahrhundertwende 19/20 war es unheimlich angesagt, aus alten Texten was herauszulesen und zu definieren, was angeblich ewig gültig und wahr sein soll. Urwissen sozusagen. Und wenn sich dann ein paar Gleichgesinnte trafen, die möglichst auch schon was mit der Freimaurerei am Hut hatten, dann gründete man einen Orden und versuchte Entsprechungen in den verschiedenen esotherischen Systemen zu finden. Die Entsprechung für das Prinzip „Wie oben so unten“ findet sich bei den Tarotkarten z.B. in der Karte „der Magier“ : Dies mit dem einen Arm nach oben und einen Arm nach unten findet man auf allen ich sag mal „seriösen“ Tarotkarten, die den Magier darstellen. Es ist ein Verdienst dieser Orden, z.b. dem hermetischen Orden des „Golden Dawn“, die esotherischen Lehren bis in die Neuzeit gerettet zu haben. Machte ja auch Spass, so ein bischen Spökenkiekerei und Okkultismus, vorbei an Naturwissenschaften und den Religionen des Westens. Man verkaufte Urwissen, ewig Wahres und fühlte sich entsprechend elitär. In der Einleitung zu dem dreibändigen Werk „Das magische System des Golden Dawn“ heißt es : „Es gibt nur noch eine Handvoll von denen, die mehr als nur einen flüchtigen und gelegentlichen Blick auf Anderes vertragen, als auf die Oberflächlichkeiten, die ihnen das Leben bietet. Die meisten werden auch weiterhin jagen, angeln, mit Fahrzeugen aller Art hin und her reisen, Bier trinken, dick werden, fernsehen, Sportereignissen zuschauen und ihr Leben auf einer durchaus faden und weltlichen Grundlage dahinschleppen.“ So, jetzt sind wir soweit zu resümieren, dass die Bilder von Martin in Aufteilung und Farbgebung eine solide spirituell angehauchte Formensprache haben. Eine Farbgebung die auch noch hochaktuell ist. Wenn man einen Martyn Dunn an der Wand hat, kann man was erzählen. Mit was für Assoziationen sie nun die einzelnen Farbfelder ausfüllen, das meine Damen und Herren, bleibt Ihnen völlig überlassen. Sie haben die Deutungshoheit was „Above“ und was „Below“ für Sie sind. Wir leben im Zeitalter der Rezeptionsästhetik. Oder Sie hängen sich einfach das Bild zur Adventzeit hin, entsprechend dem lithurgischen Kalender. Der 1. Advent 2018 ist schon wieder in 8 Monaten, denken Sie ggf. jetzt auch schon an Weihnachtsgeschenke für Ihre Lieben. Ansprechpartnerin für den Verkauf der Werke ist in der Zeit der Ausstellung meine Frau Nissi, die Initiatorin und Namensgeberin der Kunstkantine. Sie kaufen sich etwas Besonderes. Besonders ist im Übrigen auch der Lebenswandel unseres Künstlers. Wir respektieren ja meistens bei Künstlern einen ungesunden, ausschweifenden Lebensstil. Der trägt zur Legendenbildung und Preissteigerung bei. Man denke beispielsweise an Francis Bacon, glücksspielsüchtig und nicht nur homosexuell, sondern auch masochistisch veranlagt, mit Narben im Gesicht, weil ihn sein Liebhaber im Zustand gehobener Lebensfreude einmal aus dem Fenster warf. Von Mark Rothko dachte man immer, dass er sich im Griff hat. Er hatte beamtenhafte Arbeitszeiten von 9 bis 17 Uhr und drückte seine Einkommenssteuerbelastung dadurch, dass er Bilder an Museen verschenkte und den potentiellen Veräußerungserlös als Betriebsausgabe absetzte. Das war in den USA bis Ende 1969 so möglich, seine 798 auf Vorrat gemalten Bilder wurden in eine steuerbegünstigte Stiftung eingebracht. Im Februar 1970 hat sich Rothko dann umgebracht im Bewußtsein, das der Nachlass fiskalisch perfekt geordnet ist. Danach brach dann selbstverständlich die Hölle los um den Nachlass. Wenn man sich überlegt, das alle Rothko-Bilder die auf Auktionen landeten seit 2010 im deutlich 2-stelligen Millionen Bereich verkauft wurden, kann man sich vorstellen, um was es ging eben, es ging um Milliarden. In Martyn Dunn haben wir einen neuen, ich möchte sagen: modernen Typus des Künstlers, der eher ins Fitnesstudio geht, als ins Kasino oder zum Psychiater. Martyn schreibt mir hierzu: „Fitness und Sport gehören eindeutig zur Grundlage meines positiven Wohlbefindens. Die alten Griechen erkannten bereits, dass ein gesunder Geist nur in einem gesunden Körper existieren kann.“Mens sana in corpore sano!“ Einfluss hat dieses innere Wohlbefinden direkt auf meine Bilder. Das möchte ich energetisch an den Betrachter weitervermitteln auf subjektive und nichtsubjektive Weise.“ Also, wenn das kein Kaufargument ist, meine Damen und Herren! Wer sich einen Dunn hinhängt, wird sich stets daran erinnern, pünktlich zum Spinning- oder zu Zumba-Kurs zu erscheinen. Ein Gemälde von Martyn gehört auch in jedes Home-Gym. Wer von uns ist nicht schon demotiviert zwischen zwei Sätzen auf der Hantelbank eingedöst. Das passiert nicht mehr, wenn da ein Dunn hängt. Jahrelang hatten sie sich im Spiegel angesehen und ermüdend darauf gewartet, das sich ihr Schnitzelfriedhof zu einem Sixpack ummodelt. Hängen Sie den Spiegel ab und einen Dunn auf. Dann geht es Ihnen besser. Möge das Werk mit seiner Strahlwirkung des Positiven auf die Körperformung einwirken. Auch das Nervenkostüm des Künstlers ist formstabil. Nichts trainiert das Nervenkostüm mehr als die Kunst dem Volk nahezubringen. Martyn Dunn war deswegen als Pflastermaler unterwegs. In dieser Eigenschaft hat er in 8-10 Arbeitsstunden große klassische Gemälde auf das Pflaster gebannt und kann ihnen was erzählen über Skateboardfahrer die Bremsspuren auf seiner Mona Lisa hinterließen oder Dudelsackspieler die in der Fußgängerzone unablässig ein 2-Lied Repertoire runterdudeln. Ich habe ja einen Tinnitus, der mich sowieso schon nervt und wenn ich mir vorstelle, dass der auch noch dudelsackmäßig schnarrend moduliert, dann kann ich gar nicht mehr was arbeiten. Also meine Damen und Herren : Martyn Dunn ist ein Künstler mit Modelfigur und nerven wie Drahtseilen. Das hatten wir hier noch nicht. Ich darf Ihnen jetzt noch viel Vergnügen bei der heutigen Vernissage wünschen und verabschiede mich mit dem Satz : „Die Kunst lebt von Käufern“ Bis bald ! Bernd Roloff